(Weimar/ Deutschland)
Der im Merus-Verlag in der Reihe „Denkperlen“ erschienene Band versucht das Problem der Sonderstellung des Menschen aus drei Perspektiven anzugehen. „Freiheit“, „Geist“ und „Gott“ heißen die drei großen Kapitel, die zugleich schon die eher philosophische und weniger neurobiologische Stoßrichtung der Untersuchung andeuten. Unter dem Schlagwort Freiheit wird die klassische Determinismus-Debatte neu ausgebreitet, übrigens auch mit Diskursen zu praktischen Konsequenzen in der Rechtssprechung und der Grundsatzfrage nach dem Zufall in der Natur. Beinahe nur im Vorbeigehen wird die Frage erörtert, inwiefern der Mensch sich in die Ordnung der Natur einfügt, anstatt wie einst Krone, Vollendung und Beherrscher der Schöpfung zu sein. Die Beziehung zwischen Geist und Materie, verschiedene Dualismus- und Monismusmodelle werden im zweiten, im Geist-Kapitel durchgespielt. In Bezug auf die Frage nach der Sonderstellung des Menschen wird hier danach gefragt ob der Geist, falls er denn das Herausragende des Menschen darstelle, sich nicht doch als irgendwie geartetes Sekundärphänomen einer an sich materialistisch verfassten Welt auffassen lasse. Das dritte Kapitel befasst sich schließlich mit der Frage nach dem Sein Gottes und einer möglicherweise rein neurologischen oder soziologischen Erklärung der Phänomene Religiosität und Gottesglaube. Die Feststellung, dass Gott nur im menschlichen Gehirn existiere, weil religiöse Gefühle und Gedanken sich auch neurologisch nachweisen lassen, wird als unreflektierter, atheistischer Schnellschuss enttarnt. Letztlich wird durch den Autor hier wie insgesamt kein Lösungsversuch unternommen und keine Synthese ‚nur scheinbar unversöhnlicher‘ Positionen versucht, sondern vielmehr die Pluralität als solche hingenommen und Grenzen der Verständigung und des Selbstverständnisses aufgezeigt. Fast wirkt es so, als würde zur eigentlichen Fragestellung nach der Sonderstellung des Menschen nicht vorgedrungen werden können, weil sämtliche vorher zu klärenden Fragen nach dem Wesen der Welt und des Menschen keine hinreichenden, an sich plausiblen und befriedigenden Antworten gefunden haben. Daran hat auch die Neurologie noch nichts Grundsätzliches geändert, eben deshalb, weil sie die ‚ewigen‘ Fragen der Metaphysik gar nicht zu erreichen vermag.
Wuchterl ist es mit seinem Buch sicherlich gelungen, sein Thema vielschichtig auszubreiten und den Leser vor radikalen, aber zu kurz gedachten Lösungen zu schützen. Die dialogische Form des Textes hat gewiss didaktische Vorteile und macht es dem fachlich weniger versierten Leser leichter, sich mit der Kontroversität der Argumente vertraut zu machen, hat aber auch den Nachteil, dass die Stringenz der Überlegungen manchmal im oberflächlichen Schlagabtausch untergeht. Außerdem lässt die graue Hinterlegung dieser Textteile zusammen mit der häufigen Hervorhebung einzelner Sätze, Fragen oder Zitate in eingebetteten Rahmen das Buch wie ein Lehrbuch wirken. Um diesen nicht zum Text passenden Eindruck zu vermeiden, hätte der Autor auf einige dieser ‚Merksätze‘ besser verzichtet.