Die Gödel-Inkonsistenz

Thomas Schmidt

Als Frege den ersten Schlag der Mathematik gegen ihre Zähmung einstecken mußte, seine Herleitung der Arithmetik aus der Logik fehlschlug, da schien zunächst nur ein einzelner Mann gescheitert. Denn um endgültig zu begreifen, was mit der Mathematik einfach nicht durchzukämpfen war, bedurfte es härterer Schläge. Die Hoffnungen auf das konsequente und widerspruchsfreie Durchdeklinieren der Axiomatisierung, wie es im Hilbertprogramm angelegt war, sollte genau diese Enttäuschung erfahren. Das zweite Hilbertproblem „Sind arithmetische Axiome widerspruchsfrei?“ war es nämlich, welches der Dreh- und Angelpunkt der gesamten Axiomatisierungsfrage wurde, als sich herausstellte, daß eben diese Frage gar nicht zu entscheiden ist. Kurt Gödel, zunächst Verfechter dieses Programms, ist zu demjenigen Mann geworden, der es schließlich zerschlagen hat. Seine Grundsatzüberlegung zur Beweisbarkeit von Axiomsystemen mündete in einer derart totalen Formalisierung, daß selbige darunter zusammenbrach. Das Übermaß gebar die symmetrische Widerkehr dessen, von wo wir losgegangen. Es ist der Gödelsche Unvollständigkeitssatz, den er in einem überraschend kurzen Beweis „Über formal unentscheidbare Sätze der Principa Mathematica und verwandter Systeme“ 1930 niederschrieb, und der das Ende aller umspannenden Formalisierungen bedeutete.

*

Ein Bild hielt uns gefangen.
Und heraus konnten wir nicht,
denn es lag in unserer Sprache,
und sie schien es uns nur unerbittlich zu wiederholen.

Wittgenstein

Gödel geht im Beweis des Unvollständigkeitssatzes zunächst nicht anders vor, als alle Mathematiker des 19. Jahrhunderts zuvor. Er formalisiert. Daraus allein lassen sich exakt-logische Ergebnisse gewinnen. Er formalisiert aber kein gewöhnliches Einzelproblem, sondern kodiert die Menge aller mathematischen Aussagen, schließlich aller Kombinationen aus ihnen, also alle Beweise in arithmetischer Form. Jeder nur denkbare formale Beweis bekommt von ihm eine eineindeutig aus Primzahlen hergestellte Nummer zugewiesen, die spätere Gödelnummer. Der berühmte Gödelsatz, jene Abwandlung des lügenden Kreters1 „Ich bin unbeweisbar.“ gehört notwendig auch zu diesen Sätzen. Hier endet der formale Beweis ohne jede Aussage. – Nun stellt sich dieser Satz, der von sich selbst sagt unbeweisbar zu sein, aber in seiner Gödelnummer als wahr heraus!

Klassisch müßte man schlußfolgern, hier liege ein Widerspruch vor. Schließlich ist der Satz nach Gödel „unbeweisbar“ – das sagt der Satz ja selbst aus: „Ich bin unbeweisbar“ – andererseits ist er wahr. Gödel nun nimmt den Widerspruch einfach hin. Das ist eine Schlußfolgerung vom Range Einsteins, der ebenso frech aus dem Befund der endlichen Lichtgeschwindigkeit nicht etwa den Äther anzupassen sucht, wie Lorenz, sondern die absurde Vorstellung von variabler Zeit und dehnbarem Raum entwickelt. Sie akzeptieren beide rücksichtslos das neue Ergebnis – ganz gleich wie sehr es im Widerspruch zum bisherigen Dogma steht. Ihre Lösung liegt in der Dekonstruktion.

Wir haben uns hier begonnen Aufgaben zu stellen, der die Mathematik, dieses formalisierte Denken ohne Fehlerrisiko, nicht gewachsen ist. Die Waffe der Mathematik ist der Beweis, ihr Triumph die Wahrheitsentscheidung. Wir jedoch wollten nun von etwas Beweis und Wahrheitsaussage einfordern, das weder das eine, noch das andere recht besitzt. Der formale Beweis der Wahrheit ist aber, wie Gödel – indem er es so ausführt – gezeigt hat, nur außerhalb, nämlich in einem anderen System möglich. In diesem nicht-mathematischen Reich, existiert jedoch der Begriff des Beweises gar nicht.2 Dort wird entschieden, gefühlt. Was aber dort „entschieden“ wird, gilt in der Logik nicht als Beweis. Darin liegt es begründet, daß im Beweis des Unvollständigkeitssatzes „Beweisbarkeit“ und „Wahrheit“ getrennt betrachtet werden müssen. Der Logiker Gödel ist an dieser Stelle nur deshalb überhaupt einen einzigen Schritt weitergekommen, weil er es bereits aufgegeben hatte Logiker zu sein.3 Denn dieser Satz überschneidet zwei Denkweisen, zwei Welten. Gödel hat damit unbewußt eine Überwindungsidee der Mathematik geliefert.

Man begreife, daß Wahrheit bei Gödel deswegen nichts mit Beweisbarkeit zu tun hat, weil er in zwei Systemen arbeitet, nicht etwa, weil man von Wahrheit nicht auf Beweisbarkeit schließen dürfte! Diese Vorstellung nämlich, daß Beweisbarkeit und Wahrheit nicht identisch seien, wäre den Griechen und der Mathematik bis ins 19. Jahrhundert hinein nicht im größten Rausch in den Sinn gekommen. Nun bemerkt man, es könne einen Unterschied geben. Und das ausschließlich deshalb, weil nun im Satz Gödels4 von seiner unmöglichen Beweisbarkeit gesprochen wird, außerhalb aber, also in jener Abhandlung „Über formal unentscheidbare Sätze“ nur über die Wahrheit des Satzes, weil hier eine ganz gewöhnliche formal-logische Arithmetisierung vorgeht, die nur genau dazu Aussagen treffen kann.

Sind nun Wahrheit und Beweisbarkeit, nachdem der Unvollständigkeitssatz vor uns liegt, nicht verschieden, so müssen wir an unserem gesunden Menschenverstand zweifeln. Um sich nicht selbst zu verneinen, verneint Gödel die Logik, die Axiomatik. Entweder „wahr“ und „beweisbar“ sind etwas verschiedenes, oder die Logik in Gödels Beweis ist schizophren – und damit er selbst. Er weigert sich zu glauben, daß sein Denken hier in zwei Kategorien erfolgt, einmal logisch, einmal analogisch, einmal im Sinne von Wahrheit, einmal im Sinne von Beweisbarkeit, einmal formal, einmal in Prosa.

Auch Gödel kann nicht „beweisen“ – und schon im Begriff ersieht man hier wie sinnlos und selbstbezüglich die Frage danach ist – daß Beweis und Wahrheit etwas Verschiedenes sind. Er stellt nur fest, daß in seiner arithmetischen Akrobatik ein solchgearteter Widerspruch auftaucht. Er löst ihn, indem er dieses für jede strenge, logische Mathematik unmögliche annimmt: was „wahr“ ist muß noch bei weitem nicht „beweisbar“ sein. Das ist etwas völlig Neues. Gödel ist damit ein großartiges Übergangsphänomen.

Was man bei ihm immer als Platonismus sehen wollte, die Wahrheit über dem rational-logisch Erkennbaren, ist im Grunde das ganze Gegenteil. Er steht im Rationalismus der Logik – seine Arithmetisierung bezeugt das vollständig – doch der Griff zur außerhalb dessen liegenden Entscheidung über die Wahrheit des logisch Unentscheidbaren, ja Unbeweisbaren ist der Griff in die Analogik – und wahrlich, das ist ein kantischer Gedanke: am Ende aller Fragen steht das „Ding an sich“, unerkennbar aber wahr. Das Göttliche, das hier befragt wird, ist das menschliche Fühlen, nicht eine begriffliche Abstraktion platonischer Denkweise. Diese beiden Vorstellungen stehen in exakter Symmetrie zueinander.

In welche neue Welt Gödel hinüberspielt, das wird deutlich, wenn wir den Satz einmal ganz ernst nehmen, so wie Gödel ihn angibt:

Nun stellen wir einen unentscheidbaren Satz folgendermaßen her. [Er gibt formal den Satz an: „Ich bin unbeweisbar.“] Wir haben also einen Satz vor uns, der von sich selbst seine eigene Unbeweisbarkeit behauptet. Angenommen der Satz wäre beweisbar, dann wäre er richtig, und es würde seine Unbeweisbarkeit gelten, im Widerspruch mit der Annahme. Wäre die Negation beweisbar, sagte er selbst, daß er beweisbar sei, wäre also zugleich mit seiner Negation beweisbar, was wiederum unmöglich ist. […]5

Indem Gödel die inhaltliche Aussage seines Satzes6 durchgängig als wahr annimmt – unabhängig von seiner Beweisbarkeit – erschließt sich uns die Kurzform: „Ich bin unbeweisbar“ und „Ich bin dennoch wahr“. Man entsinne sich an dieser Stelle der Definition für Axiome. Ein Axiom ist per definitionem wahr und dennoch unbeweisbar. So ein Satz aber ist der Gödelsatz!7

Was uns dieser Satz eigentlich sagen will ist: Ich möchte ein neues Axiomsystem begründen. Deswegen sprengt er auch die alte Axiomatik. Er ist das erste Grundgesetz einer neuen Form der Mathematik. Man könnte auch sagen, sie wird erweitert. Nehmen wir das aber ernst und lesen nun den Unvollständigkeitssatz erneut, so bemerken wir enttäuscht, daß wir das System auch jetzt noch nicht vollständig von solchen paradoxen Sätzen freigemacht haben. Es können diese immer wieder hinzukonstruiert werden, denn der Gödelsatz, daß weitere unbeweisbare, aber wahre Sätze konstruierbar sind, bleibt ja bestehen. Und hier erinnern wir uns unweigerlich an Cantors Unendlichkeitskaskaden. Sollte die Unendlichkeit auch bei Gödel eine derart zersetzende Rolle spielen?

Im Beweis des Unvollständigkeitssatzes ist es unbedingt erforderlich, daß Sätze als Entitäten einerseits und ihr Inhalt andererseits getrennt behandelt werden. Ohne die inhaltliche Deutung der Aussage, die in seinem Satz zum Ausdruck kommt, nämlich unbeweisbar zu sein, ist der elegante Schluß über die Gödelnummer ja unmöglich. Andererseits muß ein Satz immer auf gleiche Weise behandelt werden, als Aussage p, um in der formalen Schreibung p: „⌐bew(p)“ die gleiche Bezeichnung überhaupt führen zu dürfen. Nehmen wir also doch von dieser merkwürdigen und unbeweisbaren (sic!) Verschiedenheit von Beweisbarkeit und Wahrheit einmal Abstand und blicken ganz ohne Vorbehalt logisch auf Gödels Satzkonstrukt:

  1. p ist unbeweisbar – was nicht bewiesen werden kann, ist klassisch betrachtet das Gegenteil dessen, was beweisbar ist, also das Gegenteil von „wahr“. Es gibt in der Logik nur zwei Zustände: „wahr“ und „falsch“. Also ist p falsch.

  2. p ist (dennoch) wahr

Daraus ergibt sich für Gödel, p sei unbeweisbar und dennoch wahr. Wenn aber doch nun laut zweitem Satz p wahr ist – könnten wir dann nicht mit gleicher Berechtigung sagen, p sei wahr, aber – ganz nach 1. – falsch, weil unbeweisbar? Ich formuliere hiermit den Schmidtschen Übervollständigkeitssatz: „In jedem genügend mächtigen Axiomsystem gibt es Sätze, die beweisbar sind, und dennoch falsch.“

Und dieser Satz – man täusche sich hier nicht vorschnell – ist ebenso sinnvoll, wie der Gödelsche. Denn im jeweils anderen System, dem Außen des ersten, der totalen Invertierung, die sich des logischen Problems annimmt, gilt schlicht das Umgekehrte. Was logisch wahr, das ist metalogisch falsch8 – und umgekehrt. Jeder der Sätze, die logisch bewiesen werden können, also all die Sätze, die wir für mathematisch richtig halten, lassen sich durch metalogische Schlüsse, Analogien genannt, widerlegen.9 Nicht durch einen Beweis freilich, sondern eine Anschauung, dessen Mittel die Idee, nicht das Gesetz ist.

Gödel hat den Schritt aus dem formalen System gewagt, soweit es nur irgend möglich war. Dann aber mußte er als Mensch entscheiden. Diesen Übergang aber suchte er – die Arithmetik und Sinnhaftigkeit des Beweises wahrend – ganz explizit zu unterdrücken. Deshalb behauptet er auch: „Ein solcher Satz10 hat entgegen dem Ansehen nichts Zirkelhaftes an sich, denn er behauptet zunächst die Unbeweisbarkeit einer ganz bestimmten Formel […] und erst nachträglich (gewissermaßen zufällig) stellt sich heraus, daß diese Formel gerade die ist, in der er selbst ausgedrückt wurde.“

Tatsächlich! durch die Trennung von Beweisbarkeit und Wahrheit, wie wir oben schon sahen, scheint keine Zirkularität möglich. Man kann nämlich nun Beweisbarkeit nicht mehr durch Wahrheit ersetzen. In jenem Satz selbst – da hat Gödel ganz recht – steckt nun kein Zirkelschluß mehr. Wohl aber über die Gesamtheit seines Beweises! Dann, rückgekehrt aus den Bedingungen der Arithmetisierungen folgern wir:

Der Gödelsatz p1 lautet:

p1: ⌐ bew(p1).

Dieser Satz ist auf sich selbst bezogen. Es ist der von Gödel konstruierte Satz. Gödel hat ihn bewiesen, indem er fand, daß er wahr11 ist:

p2: bew(⌐ bew(p1)).

Was, wenn wir in den ursprünglichen Gödelsatz p1 einmal in sich selbst einsetzen?

p3: ⌐ bew(⌐ bew(p1)).

Es gilt also sowohl die Wahrheit von p2, als auch diejenige von p3. Sie sind aber je die Negation voneinander. Was geschieht nun, wenn wir p1 noch einmal einsetzten:

p4: ⌐bew(⌐bew(⌐bew(p1))).

Wir sehen, die Beweisbarkeit des Gödelsatzes ist weder gegeben, noch unmöglich. Sie changiert. Und genau deshalb changiert auch der Wahrheitswert.

Daß man diesen selbstbezüglichen Satz immer wieder in sich selbst einsetzen kann, und damit nie zu einem Ende kommt, das steht gerade Gödels Voraussetzungen entgegen. Erst indem wir nach dem Beweis aus der Distanz blicken, als im Ergebnis des Satzes die inneren Bedingungen der Herleitung, der Scheidung von Beweisbarkeit und Wahrheit, wieder aufgehoben sind, geht uns auf, daß er nur in jenem System nicht zirkulär ist, welches einmal arithmetisch, einmal in Prosa argumentiert. Der finale Satz Gödels:12 „In jedem formalen System13 gibt es unentscheidbare arithmetische Sätze.“ ist denn auch nirgends arithmetisch bewiesen. Er steht da. Nach einer prosaischen Erklärung eines Hilfssatzes zu Satz VII wird er schlicht eingeleitet mit „Daher gilt:“. Er fährt fort mit weiteren Prosaausführungen. Die revolutionäre Aussage über unentscheidbare Sätze in der arithmetischen Axiomatik ist nicht mathematisch, sondern prosaisch, nämlich sprachlich-logisch bewiesen. Und in dieser logischen Prosa gilt auch die Unterscheidung zwischen Beweisbarkeit und Wahrheit nicht mehr.14

Wir sehen also, der Gödelsatz changiert – entgegen der Beteuerung Gödels – ganz wie der Kreter-Satz, wie der Begriff der Unendlichkeit mit dem der Kardinalzahl in den Unendlichkeitskaskaden Cantors changiert, die Zyklik der immer wieder hinzugefügten Axiome. Die Selbstkritik, der Selbstbezug ist es, an dem jede definitive Entscheidung aufgehoben wird. Es ist das Münchhausenproblem, dem man sich nur in Zirkeln nähern kann. Der Versuch durch immer mehr Epizyklen das geozentrische Weltbild zu halten, beinhaltet dasselbe Problem.

Gödel stoppt an einer Stelle – und da ist er zutiefst logisch – die ihm Sicherheit gibt: der erste Moment neuer Erkenntnis, des ersten Durchlaufs, wie in allen Beweisen, wie er es gelernt hat, wie man eben Mathematik betreibt. Und logisch ist das ganz richtig. Hat die Logik einmal eine Wahrheitsaussage zutage gefördert, so kann man die Arbeit als abgeschlossen beiseite legen. Im Leben aber gibt es keine abgeschlossenen Arbeiten. Was die Logik nicht kennt, das ist das Moment der Zeit. Sie ist starr und invariant, gilt immer und überall. Für das Leben gilt die Logik so lange, wie nicht die Analogie ihm besser dient. Für die Fragen, die das Jahr 1900 gestellt hat, konnte die Logik kein Mittel mehr sein. Hier mußte man begreifen, daß in einer bewegten Welt die Logik unnütz werden würde.

Deshalb ist die sogenannte ω-Inkonsistenz, die Gödel einführt, ein so merkwürdiges und unverständliches Anhängsel geblieben. Die ω-Inkonsistenz will nichts weiter formalisieren, als die Aussage „nicht zur gleichen Zeit (des Beweises) widersprüchlich“ oder ganz identisch „einmal innerhalb, einmal außerhalb des arithmetischen Teils der Betrachtung widersprüchlich“. Hier versucht Gödel die Zeit in die Logik seines Beweises einzuschleusen. Dieses Changieren von Konsistenz und Inkonsistenz, also von Wahrem zu Falschem, ist nichts anderes, als die Merkwürdigkeit der Null bei Leibniz, die in seinem „Beweis“ einmal eine tatsächliche, einmal eine nichtverschwindende Null ist und das uns wohlbekannte ε meint. Leibniz muß zeitweise gleichermaßen widersprüchlich sein, wie Gödel.15 Er läßt einen beweisinternen temporären Widerspruch zu, eine ε-Inkonsistenz, wie man sagen könnte. An diesen Punkten wird auf Logik, nämlich Widerspruchsfreiheit kein Pfifferling mehr gegeben!

Ohne den unlogischen Zwischenschritt des Widerspruchs, den Gödel wie Leibniz aushält, ist kein Fortkommen möglich. Sie brauchen die gefühlsmäßige Verwirrung, um wieder logische Klarheit zu schaffen – man bemerke: eine ganz andere! Und allein die Tatsache, daß verschiedene Klarheiten – durch Verwirrung verbunden – aufeinander folgen, ist Bewegung. Die neue Klarheit16 verhält sich zur Alten,17 wie die Kardinalzahl zu den Natürlichen Zahlen. Logisch ist das haarscharf dasselbe: natürliche Zahlen, beide, ohne Unterschied. Deshalb kehrt logisch dasselbe wieder.

*

Beide schalten hier für den entscheidenden Schritt ihres Beweises die Logik aus. Ist das Mathematik? Es ist ein Entschluß, eine radikale und dreiste Absage an die Macht der Logik, der „Wahrheit“, die hier kein Fortkommen mehr ermöglicht.

Probleme mit logischen Mitteln, mit Formalisierung zu lösen, kann nur logische Ergebnisse liefern. Der Formalismus gebiert nichts Neues. Erst in seiner Übertreibung, in seiner Selbstverunsicherung, in seiner eigenen Überwindung, die ohne jede Rücksicht auf die klassische Logik herbeigezwungen wird, erweist sich der Formalismus zu Ungeahntem fähig, indem er untergeht.


1 Der Vorsokratiker Epimenides – ein Kreter – sagt: „Alle Kreter lügen.“

2 Es ist zu bedenken, daß im Moment der Entscheidung überhaupt kein Beweis mehr vorliegt – in diesem System nämlich wurde ja gar kein Beweis geführt. Er ist im alten System der Zahl gedacht und formuliert.

3 Und er ist es denn auch, der philosophisch neben dem Prinzip der Logik die menschliche Fähigkeit zu fassen sucht, die darüber hinaus geht. Er grübelt sein ganzes verbleibendes Leben darüber. Seine Suche bleibt vergebens.

4 „Ich bin nicht beweisbar.“

5 Die formalen Ausdrücke sind sprachlich ersetzt.

6 „Ich bin unbeweisbar.“

7 das von ihm konstruierte „Ich bin unbeweisbar aber wahr.“

8 Wir wollen die neue Gegenlogik einmal Metalogik nennen.

9 Analogien sind dabei keine logischen Verneinungen, sondern mit ihnen wird gefühlt, daß eine Logik falsch ist – so wie Gödel es hier tut, indem er den Unterschied zwischen Beweisbarkeit und Wahrheit fühlt und damit den logischen Schluß abwendet, den wir oben durchdacht haben.

10 „Ich bin unbeweisbar.“

11 was Gödel freilich mit „bew“ nicht gleichsetzen will, denn er unterscheidet die Begriffe ja

12 „Über formal unentscheidbare Sätze der Principia Mathematica und verwandter Systeme I“, Satz VIII

13 das über eine gewisse Mächtigkeit verfügt

14 Er widmet der Frage wohlweislich nur obige kurze Fußnote innerhalb seiner Wahrheits-Beweisbarkeits-Unterscheidung.

15 d.h. innerhalb des Beweises die Null mal konsistent behandeln, mal nicht

16 der „bewältigten“ Unendlichkeit und Beweisbarkeit

17 nämlich Endlichkeit und Wahrheit