Dietmar Schütze

Reinhard Feneberg

Einblick in das Studium der Philosophie; Studenten vermitteln Inhalte ihres Faches

Stellen Sie sich vor, Sie hätten den unstillbaren Wunsch Philosophie zu studieren und daraus erwüchse Ihr unbändiger Drang, aus Hamburg kommend zu einem Schnuppertag an beispielsweise die Jenaer Uni zu reisen. Das einfachste an diesem Vorhaben besteht wohl darin, in den Zug zu steigen, nach Jena zu fahren und die dortige Uni zu finden. Schließlich gibt es Fahrpläne, Stadtpläne und andere Mittel, sich ortskundig zu machen. Am Ort Ihrer Wünsche angekommen, werden Sie von philosophischen Marktschreiern mit der einmaligen Güte ihrer Produkte konfrontiert und verlassen genervt, möglicherweise voller Illusionen oder entscheidungsgehemmt den Ort der Handlung.

Zukünftig können sich Studieninteressenten das Geld für Fahr- und sonstige Karten sparen. Ein Gang in die nächste Buchhandlung, ein vergleichsweise geringer Obolus und ein ruhiger Abend im Sessel mit Reinhard Fenebergs Büchlein erfüllen den gleichen Zweck wie umständliche Fahrten und Salbaderein, von denen man eh nur versteht, was man als Neuling verstehen kann. Und das ist in der Regel wenig. "In der Ruhe liegt die Kraft" verordnet Feneberg daher auf Seite 22 und hebt auf den zu intendierenden Habitus des Protophilosophen ab.

Im Sessel entspannt sitzend gewährt man sich also den ersten Einblick in das Philosophiestudium und erhält gut sortierte Informationen über das Was und Wie dieses Vorhabens.

Die Vorstellung des Was ist wohl eher propädeutisch gemeint und in guten zwei Stunden geschafft. Danach kennt man einige "Eckdaten" der Philosophie und ihres geschichtlichen Wechselbades und könnte, wenn man wollte, mit ein paar Schlagworten und Namen ausgestattet, seine unphilosophische Umwelt mit einem neuen Impetus überraschen. Wichtige Begriffe, Namen und Disziplinen der Philosophie wie Naturphilosophie, Ethik, Logik, Metaphysik, Hegel, Wittgenstein usw. finden Erwähnung. Wer näher oder tiefgründiger informiert werden wollte, dem steht freilich ein Universum an Nachschlagemöglichkeiten zu Verfügung. Abgesehen davon weiß man schon ein wenig mehr über den Ort der Philosophie, "Bibliotheken und Seminare". Unter "Seminar" sollte man aber nicht nur überheizte und von dicht gedrängten Menschenmassen bevölkerte Räumlichkeiten mit schlechten Sitzgelegenheiten verstehen, in denen ein Dozent die Gelegenheit beim Schopfe faßt, seine Delinquenten mit peinlichen Fragen zusätzlich ins Schwitzen zu bringen. "Das Seminar kann auch andere Formen haben, von Philosophiestudenten bevorzugt wird der Besuch von Biergärten und Kneipen."(S. 19)

Außerdem erfährt man Wissenswertes über den Menschenschlag der Philosophen und vor allem darüber, daß man durch das eben Gelernte zum Fragen, Staunen und zu allergrößter Vorsicht vor zu großen Erwartungen in puncto Finden des Steines der Weisen angehalten werden soll.

Die Vorstellung des Wie des Philosophiestudiums steht der des Was in keiner Weise nach und zeugt von einem wachen Bewußtsein des Autors für die alltäglichen Belange des studentischen Daseins. Hilfreich scheint der Hinweis zu sein, daß der Magister, abgesehen von den eher auf das Pädagogische abzielenden Abschlüssen des Studiums, nicht der Ausweis des "Philosophenvollprofis" (Odo Marquard) und dadurch auch keine Garantie für eine prompte spätere Einstellung ist. Dem Rat auf Seite 136, sich nicht allein nur in "das Abenteuer Philosophie" zu stürzen, sondern rechtzeitig Geisteskapazitäten für Qualifizierungen auf anderen Gebieten wie Marketing/Vertrieb, BWL, EDV und ähnlich profane Dinge bereitzustellen, kann deshalb ausdrücklich beigestimmt werden. Daß es und vor allem wie es nach dem Studium in philosophischen Gefilden weitergehen kann, läßt sich ebenfalls nachlesen.

Was das studentische Leben noch so an Widrigkeiten und Vorzügen zu bieten hat, vor allem Prüfungen, Klausuren, Abschlußarbeiten, Studiengebühren, Arbeitsgruppen, Hochschulsport, akademische Ämter, Verbände und nichtphilosophische Nebenfächer, findet gebührende und ausreichende Erwähnung. Wie man sich sein Studium finanzieren kann, läßt sich auch nachlesen, zumal eine Liste mit den Adressen einiger Studienstiftungen viel Arbeit mit Telefonbüchern erspart.

Wer sich über den Einstieg in das Philosophiestudium informieren will, ist bei Reinhard Feneberg an der richtigen Adresse. Der Stil und die Darstellung des Inhalts verraten die Angemessenheit des Untertitels "Studenten vermitteln Inhalte ihres Fachs". Hier schreibt einer aus dem sechsten Semester mit Begeisterung über sein Fach, dem sein eigener Studienstart noch auf das lebhafteste erinnerlich und der noch nicht durch die Kluft zwischen den Generationen und lange Jahre der Habituation einer ausgefeilten philosophischen Terminologie an einfacher Mitteilsamkeit gehindert ist.

Reinhard Feneberg

Einblick in das Studium der Philosophie

OPS Verlagsgesellschaft München 1996, 141 Seiten, DM 22.90